Mitte letzten Monats war es soweit: Das neue Release von Backdrop CMS enthielt einen bescheidenen 'commit' des GitHub-Benutzers olafgrabienski.
Ein kleiner Schritt für Backdrop, doch ein ziemlicher Sprung für mich! Meinem Beitrag zur Entwicklung vorausgegangen war eine mehrwöchige Phase, in der ich mir das Backdrop-System eigentlich nur einmal näher ansehen wollte.
Wieso Backdrop CMS?
Backdrop CMS ist ein Content-Management-System, das als 'Fork' (Abspaltung oder Abzweigung) von Drupal entstanden ist. Drupal wiederum ist seit einigen Jahren mein Mittel der Wahl zur Entwicklung maßgeschneiderter Websites. Die Motivation der Backdrop-Gründer, eine Alternative zu Drupal aufzubauen, basierte auf einem Paradigmenwechsel bei der Entwicklung von Drupal 8, das nach mehrjähriger Entwicklungszeit Ende 2015 erschien. So hat sich das anvisierte Marktsegment von Drupal mit Version 8 in der Wahrnehmung der Backdrop-Entwickler deutlich in Richtung großer Unternehmen verlagert.
Auch wenn die Drupal-Community sich in Bezug auf den Zielmarkt kaum eindeutig festlegen lässt, ist die Einschätzung der Backdrop-Entwickler aus meiner Sicht nicht unbegründet. Ich war sehr neugierig auf Drupal 8 und bin der Ansicht, dass die Version nicht nur für hartgesottene Programmierer, sondern auch für 'Site builder' wie mich eine Reihe von Verbesserungen und Erleichterungen bietet. Bei der Entwicklung von Websites mit der aktuellen Hauptversion und bei der Migration älterer Projekte musste ich jedoch auch feststellen, dass Entwicklung und Betrieb von Websites mit Drupal 8 voraussetzungsreicher sind als bisher. Herausforderungen sind natürlich dazu da, angenommen zu werden, doch im Gegensatz zu meinen Erfahrungen mit Drupal 7 würde ich die 8er-Version zur Zeit nicht für jedes Webprojekt einsetzen. Vor allem für Projekte mit etwas kleinerem Budget sind Alternativen gefragt, und hier kommt Backdrop CMS ins Spiel:
Backdrop CMS is for the small to medium sized business, non-profits, educational institutions, and companies or organizations who are delivering comprehensive websites on a budget.
Freundliches System
Seit Anfang 2015 die erste Backdrop-Version erschienen war, hatte ich verschiedentlich einen Blick auf das System geworfen, das von Beginn an einen guten Eindruck machte. Mit jeder neuen Version wurden eigentlich genau die Funktionen zum System-Kern hinzugefügt, die man sich bei Drupal schon immer dort gewünscht hatte (und die zum Teil auch in Drupal 8 zu finden sind), zum Beispiel
- benutzerdefinierte Datenbankabfragen (Views),
- dynamische Platzhalter (Token),
- eine automatisierbare Pfadverwaltung (Pathauto),
- ein dateibasiertes Konfigurationsmanagement,
- ein guter WYSIWYG-Editor (CKEditor),
- eine kontextsensitive Layout-Verwaltung (Backdrop-Alleinstellungsmerkmal).
Gleichzeitig kümmerte die Backdrop-Community sich intensiv um die Benutzerfreundlichkeit des Systems. So macht die Arbeit mit dem rundum erneuerten Verwaltungs-Theme Seven mir ungefähr doppelt so viel Spaß wie mit dessen Drupal-Pendant. Das Gleiche gilt für das neue Frontend-Theme Basis, das, begleitet etwa von einem responsiven Dropdown-Menü 'out of the box', seit der aktuellen Version 1.5 zur Verfügung steht.
Motivierende Community
Als ich neulich begann, mir die Entwicklung von Backdrop auf GitHub näher anzusehen, ging es mir in erster Linie um eine Einschätzung zu der Frage, ob das CMS über den guten ersten Eindruck hinaus verlässlich genug ist, um es für dauerhaft verfügbare Webprojekte einzusetzen. Dazu sah ich mir außer der Versionshistorie einige 'Issues' an und begann, verschiedene Diskussionen um Detailfragen, aber auch grundsätzlichere Debatten zu verfolgen. Bald darauf meldete ich auch selbst mal einen Software-Fehler oder schlug kleine Verbesserungen vor. Meine Beiträge wurden mehr als freundlich, ja, zu Beginn fast enthusiastisch aufgenommen, und in der Regel folgte eine konstruktive, genaue Diskussion, an deren Ende tatsächlich eine Verbesserung stand.
Um eine auf Dauer verlässliche Software zu entwickeln, mag eine motivierende und zielstrebige Entwicklungskultur nicht ausreichen, sie ist aber sicher nicht die schlechteste Grundlage. Kommen Genauigkeit und Gewissenhaftigkeit im Entwicklungsprozess hinzu, sieht das Bild noch besser aus. Vor diesem Hintergrund würde ich neue Webprojekte, die sich überwiegend mit der Backdrop-Kernfunktionalität realisieren lassen, ohne Bedenken mit diesem CMS umsetzen. Im Gegensatz zum 'Core' bin ich in Bezug auf die Contributed-Modul-Landschaft von Backdrop noch vorsichtig. Nicht, dass es keine hilfreichen Module gäbe, im Gegenteil! Doch deren Nutzerzahlen sind nicht annähernd mit denen auf drupal.org vergleichbar. Ob vor diesem Hintergrund die Kapazitäten zur Betreuung und Weiterentwicklung von Nicht-Core-Modulen ausreichen werden, bleibt abzuwarten. Glücklicherweise ist die Backdrop-Community aber recht ehrgeizig, was die Integration sinnvoller Funktionen in den Core angeht.